Als Althochdeutsch bezeichnen wir die Sprachstufe des Deutschen, die
zwischen etwa 700 und 1050 in jenem geographischen Raum gesprochen
wurde, den wir heute als Süddeutschland, Österreich, Schweiz kennen. Wir
rekonstruieren die Sprache aus den spärlich überlieferten
handschriftlichen Textzeugen, bei denen es sich zum größten Teil um
Übersetzungshilfen für das Studium der (lateinischen) heiligen Schrift
handelt. Daneben finden sich kirchliche Gebrauchstexte, wie Gebete oder
Segen, aber auch Zauberformeln oder Herrscherpreislieder. Am
bekanntesten und im Sinne eines engeren Literaturbegriffs sicher am
interessantesten ist neben dem „Hildebrandslied”, dem ersten
überlieferten volkssprachigen Heldengedicht, vor allem Otfrids von
Weißenburg „Evangelienbuch”. Um sich mit dem "Evangelienbuch" intensiver
beschäftigen zu können bedarf es zunächst einer Auseinandersetzung mit
der althochdeutschen Sprache, die auf den ersten Blick geradezu wie eine
Fremdsprache erscheint. Dementsprechend werden wir im Seminar wirklich
anfangen Althochdeutsch zu lernen, wie das aus den
Mittelhochdeutsch-Kursen hinlänglich bekannt ist. Allerdings wird sich
schnell zeigen, dass Althochdeutsch eben noch weit systematischer ist
als spätere Sprachstufen, die Fremdheit des Klangs und der grammatischen
Formen wird zusehends einem ästhetischen Vergnügen an der Melodik und
Ausdrucksstärke dieser, unserer Ursprungssprache weichen. Das Seminar
ist so angelegt, dass von Anfang an die Textlektüre und
Textinterpretation einen wesentlichen Anteil am Seminargespräch haben
werden, damit unser Fortschritt beim Verstehen des Althochdeutschen sich
auch gleich in literaturwissenschaftliches Kapital ummünzen lässt.
Die Vorlesung gibt einen sprach- und literaturgeschichtlichen
Überblick von den Anfängen volkssprachiger Schriftlichkeit bis zum
Beginn des 16. Jahrhundert. Es werden die internen und externen
Bedingungen, Entwicklungen und Zäsuren zur Sprache kommen, welche eine
Literatur bestimmen, die allein drei Sprachstufen des Deutschen umfasst.
Dabei gilt es zu zeigen, wie die mündliche Überlieferung allmählich
ihren schriftlichen Niederschlag findet und welche Hürden bei der
Entwicklung von der mündlichen zur Schriftsprache überwunden werden
müssen. Literaturtheoretische Vorgaben werden erläutert und die
vielfältigen Formen literarischer Gattungen anhand ausgewählter
Beispiele vorgestellt. Ziel ist es, den Studierenden einen Einblick in
die heute weitgehend unbekannte Dichtung einer Zeit zu ermöglichen, die
seit der Renaissance unter dem unpräzisen und sehr undifferenzierten
Begriff „Mittelalter” firmiert, und eine Vorstellung zu vermitteln von der Bedeutung, die diese Literatur für die deutsche Literaturgeschichte hat.
Ist drin was drauf steht:
Tutorium zur Mediävistik-VL von Prof. Dr. Mecklenburg
Vivian J. Z. Donath
Fr. 10-12Uhr c.t.
Georg-Foster-Str. 4 R0005
Dies ist das biesekische Tutorium für Herrn Mecklenburgs Vorlesung
"Einführung in die ältere deutsche Literatur und Sprache 1 (WiSe 23/24)".
In diesem Moodle-Kurs werden alle Materialien zum Seminar "Über Zwerge, Ritter und Wunderpferde – Ein Artusroman im Erklärvideo" bereitgestellt.