In den Fünfzigerjahren erlebte das (bundes-)deutsche bzw. deutschsprachige Hörspiel eine Blütezeit: Viele namhafte Autor:innen, beispielsweise Günter Eich, Ingeborg Bachmann oder Heinrich Böll verfassten Hörspiele als Auftragsarbeiten für den Rundfunk, die teilweise namhafte Preise, wie den Hörspielpreis der Kriegsblinden erhielten. Lebhafte theoretische Diskussionen rund ums Hörspiel wurden in den neu- oder wiedergegründeten Fachzeitschriften u.a. Der KriegsblindeFunk-KorrespondenzKirche und RundfunkRundfunk und Fernsehen geführt, die für die Hörspielwissenschaft eine wichtige Quelle zur Analyse des (bundes-)deutschen Nachkriegshörspiels darstellen.

Ab den Sechzigerjahren änderte sich durch neuere technische Entwicklungen wie die Stereofonie und den zunehmenden Siegeszug des Fernsehens die Hörspiellandschaft zusehends, was seinen Widerhall in der Theoriekontroverse zwischen Heinz Schwitzke, Leiter der Hörspielabteilung des NWDR (bzw. ab 1955 des NDR) und führender Theoretiker des literarischen Hörspiels der Nachkriegszeit, und Vertretern einer jüngeren Generation von Hörspieltheoretikern, wie Friedrich Knilli fand, die dem Hörspiel neu Wege eröffnen wollten. Die Theoriekontroversen der Sechzigerjahre münden spätestens am Ende des Jahrzehnts durch Erscheinen von Hörspielen wie Fünf Mann Menschen von Ernst Jandl und Friederike Mayröcker (SWF 1968) in einer neuen Hörspielphase: Dem Neuen Hörspiel.

Das Ziel des Seminars besteht darin, die Ansätze und Kontroversen rund ums literarische Hörspiel und später ums Neue Hörspiel praktisch, d.h. an Untersuchungsgegenständen – ausgewählten Hörspielen, aus dem Zeitraum ca. 1948-1972, und theoretisch, d.h. durch die Rezeption und Analyse der entsprechenden Fachliteratur, nachzuvollziehen.