Kaum könnten die Bedeutungsebenen eines Wortes dichter sein, in dessen Rücken sich zugleich zahlreiche Leerstellen auftun. Was verstehen wir unter Form? Was charakterisiert sie? Und was wird schließlich als Form bezeichnet? Zwischen dem umgangssprachlichen Gebrauch ›gut in Form‹ hin zu präzisen, begriffsscharfen Anwendungen in verschiedenen Disziplinen – sei es in der Wissenschaft, der Politik, Technik oder aber in der Kunst –, lassen sich diese Fragen nicht ohne Weiteres beantworten. »Im Bereich der Ästhetik und Kunsttheorie«, so heisst es in den Ästhetischen Grundbegriffen, »wird Form verwendet, um allgemeine Unterscheidungen zu treffen (z.B. zwischen Form und Inhalt) oder konkrete Formen zu bezeichnen […].« Das Seminar wird sich hiervon ausgehend anhand exemplarischer Werkanalysen und auf der Basis verschiedener Schlüsseltexte mit der Formbildung und dem Formbegriff beschäftigen und dabei dem Formdenken der Moderne, das bis in die Gegenwart reicht, besondere Aufmerksamkeit schenken. Eine chronologische Betrachtung führt uns von Werken, angefangen mit Giotto di Bondone, Jan van Eyck über Eugène Delacroix, Henri Matisse sowie Paul Klee bis zu Arbeiten von Amrita Sher-Gil, Lee Krasner, Agnes Martin und Cady Noland. Gleichzeitig umkreisen wir dabei die Frage, welche Bedeutung der zunehmenden Selbstreflexivität künstlerischer Auseinandersetzungen von der frühen Neuzeit bis zur Gegenwart beigemessen werden kann und inwiefern hierin die sich wandelnde gesellschaftliche Rolle von Kunst zum Ausdruck kommt. Doch nicht nur in den bildenden Künsten – auch in der Architektur lassen sich ähnliche Beobachtungen konstatieren: von der Formalisierung tektonischer Prinzipien seit der Antike zur Rocaille über geometrische Grundformen der Moderne bis zum Parametrismus. Näher betrachten werden wir etwa Ludwig Mies van der Rohe, Fernand Pouillon, Greg Lynn sowie Zaha Hadid.