Wann beginnt die Geschichte populärer Musik? Und was ist populäre Musik überhaupt? Alles das, was populäre ist, alles das, was erfolgreich ist? Die Begriffe "populäre Musik" und "Popularmusik" wurden in der Musikwissenschaft geprägt. Was darunter zu verstehen sein kann, dazu gibt es viele verschiedene Definitionen und Begründungen. Entstanden ist der Begriff in den 1960er Jahren zunächst als ein Gegenüber zur klassischen Musik der Hochkultur, mit der sich die Musikwissenschaft bis dahin ausschließlich beschäftigte. Diese Gegenüberstellung findet auch am Musikmarkt seine Gestalt. Noch heute gibt es bei der GEMA die beiden Abrechnungssparten "Ernste Musik" und "Unterhaltungsmusik".

Definitionen von populärer Musik wurden seither zahlreich versucht. Für viele Forscher*innen beginnt das, was sie populäre Musik nennen, nach 1945 mit dem Aufstieg der Jugendkulturen ins Zentrum des Musikmarktes. Sie ist dann eine Stilgeschichte musikbezogener Jugendkulturen. Für andere fängt sie dort an, wo der (bürgerliche) Markt die feudale Finanzierung von Musik ablöst. Aber waren Spielleute nicht auch schon im Mittelalter auf Märkten tätig? Andere Ansätze verknüpfen den Beginn der populären Musik mit dem Beginn technischer Vervielfältigung von Musik, dem Entstehen von Medien- und Massenmärkten. Also vielleicht um 1900, als die ersten Tonträger auf den Markt kamen. Aber was ist mit dem Markt für gedruckte Musiknoten im 19. Jahrhundert, für Tanzmusik und bürgerliche Hausmusik? Ist das auch ein medial vermittelter Massenmarkt?

Wir werden uns im Seminar anhand verschiedener Zeitschnitte und Beispielen aus verschiedenen Jahrhunderten der Frage widmen, was populäre Musik sein könnte, welche Rolle sie heute spielt und ob und warum es überhaupt sinnvoll sein kann, die Kategorie populäre Musik in Wissenschaft und Unterricht zu nutzen.