Im Entwurfsprojekt „Bettenhausen Commons“ sollen Bausteine eines gemeinschaftlichen Quartiers entworfen werden: Welche Architekturen und Stadträume zum Wohnen, Arbeiten, Lernen, Leben fördern Gemeinschaft, ermöglichen das Gemeinschaffen und erleichtern das Teilen von Räumen, Gütern, Ressourcen?

Das Entwurfsgebiet in Bettenhausen ist geprägt durch suburbane Infrastrukturen, überdimensionierte Verkehrsflächen, industrielle bzw. gewerbliche Relikte, Brachen, leerstehende Gebäude und untergenutzte Freiräume und der relativen Nähe zur Innenstadt Kassel. Es bietet damit ein Flächenpotential sowie diverse Erfordernisse für eine gestalterische, baulich-freiräumliche, programmatische Transformation. Stadträumliche Barrieren müssen reduziert und neue Verflechtungen mit der Umgebung hergestellt werden. Programmatisch sollte das Gebiet angereichert werden und neue Formen und Kombinationen des Wohnens, Arbeitens, Produzierens, Lernens etc. entworfen werden. Dabei dürfen und sollen gängige Verhältnisse von Individuum und Gesellschaft bzw. Gemeinschaft in räumlichen und organisatorischen Dimensionen neu gedacht werden. Die zu entwerfenden Veränderungen berücksichtigen stofflich zirkuläre Ansätze, implementieren gemeinschaftliche Strategien und schaffen klimatische Resilienzräume.

Das Reduzieren individualisierter Ansprüche („reduce“) und das Teilen („Sharing“) sind Grundprinzipien Suffizienz orientierter Nachhaltigkeitskonzepte im Entwerfen von Architektur, Freiraum und Quartier. Gemeinschaften, wie Nachbarschaften oder „Quartiersschaften“, sind die gesellschaftliche Voraussetzung zur Umsetzung dieser Konzepte. Gemeinschaften bilden „Ökosysteme“ für ein Gelingen genügsamerer Lebensweisen, die gleichzeitig Mehrwerte für ihre Bewohnenden erzeugen.

In interdisziplinären Teams sollen Konzepte für ein Gemeinschaft bildendes Quartier in Bettenhausen erstellt und entwurflich ausgearbeitet werden. Die Ausarbeitung kann städtebaulich, freiräumlich und architektonisch erfolgen. Mögliche Themen sind:

-       mehrfach und flexibel nutzbare Gebäude und Freiräume (MixtoMax)

-       gemeinschaftliche Wohn- und Arbeitsformen (Co-Housing / -Working / -Living)

-       Kleinstwohnungen (Tiny Living)

-       Shared Mobility (Mobilstationen, Mobility Hubs, Infrastrukturen des Umweltverbunds)

-       das Kapern von Verkehrs(rest)flächen und die Integration als Teil des Quartiers

-       Städtische Allmenden - gemeinschaftlich genutzte und bewirtschaftete Freiräume

-       Blau-grüne Infrastrukturen  (Klimaanpassung, Klimaresilienz)

-       uvm.

Das Entwurfsprojekt wird in Kooperation mit dem FG Fachgebiet Landschaftsarchitektur | Technik, Prof. Florian Otto, angeboten. Ansätze für das Quartier werden aus den jeweiligen disziplinären Kernkompetenzen heraus entwickelt, in gemeinsamen Betreuungs- und Präsentationsterminen entwickelt und ausgearbeitet. Eine interdisziplinäre Zusammenarbeit der Studierenden aus ASL wird ausdrücklich gewünscht.

Das Entwurfsprojekt ist eingebunden in die Aufgabenstellung des NHWAward 2024 der Nassauischen Heimstätte | Wohnstadt. Der Wettbewerb fordert zu experimentellen Entwürfen für die Stadt von Morgen am Beispiel des Entwurfsareals in Bettenhausen auf. Die Projektentwürfe können von den Studierenden als Basis für den Wettbewerb genutzt und dort eingereicht werden (Abgabe bis 5. September 2024, Preissumme 10.000€).

Zum Entwurfsprojekt wird das Projektseminar „Digitale Analysewerkzeuge im Entwurfsprozess“ am FG Entwerfen im städtebaulichen Kontext angeboten, die Teilnahme wird empfohlen.

Im Einführungsprojekt werden entwurfstheoretische Grundkenntnisse erarbeitet, Kreativitätstechniken und Entwurfswerkzeuge getestet und Grundbausteine einer architektonischen und (mikro-)städtebaulichen Entwurfsmethodik studiert. Das Ziel ist es, die Spannweite von Entwurfsweisen und -werkzeugen für den Maßstabsbereich Gebäude bis Quartier kennenzulernen und anwenden zu können, das Entwerfen zu üben sowie strukturierte Entwurfsprozesse selbst aufsetzen zu können. Das Einführungsprojekt beinhaltet Kurzvorlesungen und entwurfsmethodische Übungen. Den Schwerpunkt bildet ein mikrostädtebaulicher Entwurf (M 1:500) im Bestand für den Campus Nord am HoPla, der architektonisch, im Gebäudemaßstab, vertieft wird.


Digitale Analysewerkzeuge können mehr als nur die Auswirkungen und Effekte eines fertigen Entwurfs auf seinen städtebaulichen Kontext zu prüfen und zu visualisieren. Bereits im Prozess des Entwerfens lassen sich die Verbildlichung und das Verständnis der klimatologischen Bilanzen als Entscheidungswerkzeug einsetzen. In dem Seminar versuchen wir digitale Werkzeuge als Kopiloten des Entwerfens anzuwenden und so klimasensitive Konzepte bereits in den frühen Entwurfsphasen zu entwickeln. Angefangen mit der Einführung in Autodesk FORMA, produzieren wir zu ersten 3D-Modellen von Konzept- und Vorentwürfen KI-gestützte Analysen für die Themen Sonnenstunden, Tageslichtpotenzial, Wind und Mikroklima. Im Fokus steht die Erzeugung einer schnellen Variantenbildung für den Entwurfsprozess und die Visualisierung von Abhängigkeiten für die Nachvollziehbarkeit von Entwurfsentscheidungen. Diese Methodik, den Entwurfsprozess zu steuern, wird in einem Entwurfstagebuch festgehalten, das die Reflexion der Analyseergebnisse, Evaluationen und das iterative Anpassen des Entwurfs festhält.  Das Seminar ist an die Teilnahme eines begleitenden städtebaulichen Entwurfsprojekt im SoSe24, vorzugsweise an das Projekt „Bettenhausen Commons | NHWaward“ am FG ESK, gekoppelt. Sicherer Umgang mit einem 3D-fähigen CAD-Programm wird vorausgesetzt. 



In den letzten anderthalb Jahren haben sich die alltäglichen Zeit- und Bewegungsmuster verändert. Viele Tätigkeiten, die zuvor mit anderen Orten wie z.B. der Schule oder dem Büro verbunden waren, fanden und finden nun innerhalb der Wohnung statt. Wohnungsnahe Freiräume, Parks und Plätze wurden wichtiger. Im Fokus des Einführungsstudios stehen daher die sich verändernden Lebensräume aller städtischen Bewohner, den Menschen, Tieren und Pflanzen: Wem wird wie viel Raum eingeräumt? Wo wird gewohnt? Wo gearbeitet? Wo Freunde getroffen? Wie bewegen wir uns zwischen den Orten? Und was erleben wir dabei?

An der Schnittstelle zwischen Stadt und Gebäude arbeitend, setzt sich das Studio mit den Möglichkeiten, bestehende Quartiere durch architektonische Interventionen an aktuelle soziale, kulturelle und ökologische Anforderungen anzupassen, auseinander.

Das Bearbeitungsgebiet ist ein Baublock im an die Kasseler Innenstadt angrenzenden Schillerviertel, dessen städtebauliche Grundstruktur am Raster orientiert ist. Die städtebauliche Analyse wird ergänzt durch eine Reihe von Formstudien, deren Ausgangspunkt die Blockstruktur des Quartiers. Die geometrisch-abstrahierten Transformationen werden hinsichtlich ihrer architektonisch-räumlichen Qualitäten untersucht.

Aufbauend auf diesen Ergebnissen und unter Berücksichtigung des aufgrund des Klimawandels sehr aktuellen Themas des tier- und pflanzenfreundlichen Bauens, wird gemeinsam ein über die Objektebene des Gebäudes hinausgehendes, den Stadtraum miteinbeziehendes Konzept entwickelt und mit Experten diskutiert. In architektonischen Interventionen werden die verschiedenen Möglichkeiten, in das Gefüge der Stadt einzugreifen – temporär, behutsam, als klarer Schnitt, radikal etc. – erprobt. Einzelne Aspekte wie z.B. ein Dachausbau, die Schließung einer Baulücke, ein Nutzungskonzept für die Erdgeschoßzone oder die Neugestaltung des Straßenraums können anschließend in Einzelarbeiten oder in Kleingruppen vertieft bearbeitet werden.

Das Studio spaziert den Spuren von Lucius Burckhardt folgend durch Kassel, diskutiert mit eingeladenen Experten zu unterschiedlichen Themen, veranstaltet kleine Workshops, in denen Techniken vermittelt und Themen reflektiert werden, arbeitet analog und digital, mit Bildern & Filmen, Tönen, Zeichnungen, Diagrammen, Collagen, Modellen, ...

In der Kompaktwoche reist das Studio gemeinsam nach Wien, um sich auf Spurensuche im heutigen Stadtbild zu begeben. Auf dem Programm stehen u.a. die Besichtigung der auf einem ehemaligen Flugfeld entstandenen „Seestadt Aspern“, ein Besuch in einem Wohnprojekt in dem neu entstehenden Wohnquartier „Sonnwendviertel“, ein Spaziergang durch die 2001 von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärten Wiener Innenstadt sowie Gespräche mit Experten des Wiener Konzepts der sanften Stadterneuerung.

Erstes Treffen Donnerstag, 21.10.2021 (Ort wird noch bekannt gegeben)