Die Vorlesung fokussiert auf ein fast vergessenes Thema der modernen Literatur. Seitdem im 19. Jahrhundert mit der Expansion privatwirtschaftlicher und staatlicher Verwaltungsapparate das Büro als literarisches Thema erschlossen wurde – z.B. durch Gogol, Balzac oder Melville –, beteiligte sich an der Ausgestaltung dieses Themas eine wachsende Anzahl von Autor:innen. In der Folge wurden Administrationen nicht nur auf staatlicher Ebene als die dauerhafte Etablierung staatlicher Herrschaftsformen begriffen (Max Weber), sie wurden auch aus gesellschaftlich-individueller Perspektive als übermächtige Bürokratiemonster wahrgenommen, wie einige Erzähltexte Franz Kafkas vor Augen führen (z.B. Der Prozeß).

In Lateinamerika reichen die bürokratischen Traditionen bis in die Kolonialzeit zurück. Schon an der Conquista waren nicht nur Soldaten und Missionare beteiligt, sondern auch Juristen und Schreiber. In den kolonialen Städten und an den Höfen wurde die juristische Schriftgelehrsamkeit alsbald als Herrschaftsinstrument, das gegen eine gering alphabetisierte Bevölkerung in Stellung gebracht wurde, entdeckt. Im zwanzigsten Jahrhundert knüpfen lateinamerikanische Autor:innen einerseits an die kollektive koloniale Erfahrung an, andererseits an die Impulse der europäischen Literatur. Zu einem Klassiker des neu entstehenden Genres wurden die Cuentos de la oficina (1925) des Argentiniers Roberto Mariani. Die an Marianis Erzählzyklus anschließenden literarischen Texte sind noch im Begriff erschlossen zu werden. An dieses Desiderat schließt die Vorlesung an. Dabei wird eine Reihe von Texten und Autor:innen vorgestellt und das Büro vor allem als Raum von Macht und Herrschaft thematisiert, in dem nicht nur der graue Alltag dominiert, sondern auch die Intrige, die Affekte oder die Aushandlung von Identitäten beheimatet sind.

Ein regelmäßiger Besuch der Vorlesung erleichtert das Verständnis der erläuterten Zusammenhänge. Da einige Donnerstagstermine nicht werden stattfinden können, ist zudem eine Teilnahme am wissenschaftlichen internationalen Workshop „Redes de poder y dominación en oficinas, burocracias y empresas” im CELA/Kassel am 26. und 27. Juni vorgesehen. Die Studienleistung ist durch ein Portfolio zu erbringen, deren Inhalte zu Beginn der Veranstaltung bekannt gegeben werden.


Este curso leeremos una interesante novela del joven autor chileno Benjamín Labatut: "Maniac". Es una obra que ha cosechado un gran éxito y conjuga la divulgación científica con la ficción. Respuestas escritas a preguntas de comprensión referidas al texto habrán de ser entregadas cada semana con antelación a la sesión correspondiente.