Der Rechtspopulismus scheint sich, nach seinem Vormarsch in den vergangenen Jahren, hierzulande und darüber hinaus etabliert zu haben. Häufig wird sein Erfolg mit seiner rückwärtsgewandten Programmatik und Ideologie erklärt. Eine rückwärtsgewandte Utopie einer romantisierten unhistorischen, idealen Welt des „heartland“ seien seine Markenzeichen (Taggart 2000). Er verfolge eine „rückwärtsgewandte Utopie“ (Priester 2012) und produziere pessimistische Gesellschafts- und Zukunftsbilder (Koppetsch 2017, S. 216). Insgesamt ziele der Rechtspopulismus auf eine Wiederherstellung eines vermeintlich goldenen Zeitalters der Vergangenheit ab und er verspreche ein „‚Zurück zu sicheren Verhältnissen‘“ (Selk 2019, S. 110). Häufiger noch wird argumentiert, dass Nostalgie bei den antidemokratischen „Verlockung[en] des Autoritären“ (Applebaum 2021) der letzten Jahre eine zentrale Rolle spiele (Betz und Johnson 2004; Vries und Hoffmann 2018; Gest et al. 2018; vgl. auch Becker und Stach 2021, S. 7–8). Es wird angenommen, dass rechtspopulistische Parteien und Bewegungen eine Nachfrage eines Zeitbewusstseins bedienten, das die Vergangenheit verkläre und die Zukunft fürchte. In diesem Kurs nehmen wir diese Zeit-Politik des Rechtspopulismus genauer in den Blick. Dabei steht die Frage im Zentrum: Was lässt sich über die Zeitperspektiven seiner Programmatik und vor allem seiner Wähler*innen über den Rechtspopulismus und die spätmoderne Gesellschaft verstehen? Woher kommen die Nostalgie-Diagnosen und erklären sie wirklich überzeugend den Rechtspopulismus? Wir diskutieren Grundlagentexte und erweitern unsere Perspektive auf den Rechtspopulismus, indem wir uns einen Eindruck über soziologische Forschungsergebnisse und Zeitdiagnosen verschaffen. Am Ende entsteht womöglich ein etwas anderes Bild des Rechtspopulismus.