Mittelhochdeutsche Texte sind nicht einfach zu lesen: Wortschatz, Grammatik, Metrik, sozialer, historischer, kultur- und literaturgeschichtlicher Hintergrund, alles ist fremd und bedarf ausführlicher Erklärung und Übung. Beides soll anhand der Lektüre von mittelhochdeutschen Texten geschehen. Darüber hinaus gilt es aber auch, den Umgang mit wissenschaftlichen Hilfsmitteln und die Anwendung literaturwissenschaftlicher Arbeitsweisen zu vermitteln.

Als Referenztext dient in diesem Seminar der Artusroman „Lanzelet“ Ulrichs von Zatzikhoven, der vermutlich nur kurz nach dem ersten deutschen Artusroman, dem "Erec" Hartmanns von Aue entstanden ist. Doch anders als dieser häufig als ‚klassisch‘ betitelte Text, gibt es im „Lanzelet“ keine Symbolstruktur eines doppelten Kursus und auch der Protagonist ist keinesfalls ein streng monogamer ritterlicher Held, sondern, wie es im Text heißt, der wîpsaelige Lanzelet. Damit werden zwar die neuen Formen adlig-männlicher Idealität ebenso aus dem romanischen Kulturraum importiert, wie das Modell der höfischen Dame und der höfischen Liebe, der (mhd.) minne. Doch anders als im sogenannten ‚klassischen‘ Artusroman zeichnet sich doch eine größere Breite an Figurenentwürfen und Handlungsnormen ab, die den „Lanzelet“ zu einem spannenden Dokument des literarischen Diskurses der Zeit machen, der in vielerlei Hinsicht das europäische Gefüge von Sozialität und Kultur bis in die Gegenwart hinein prägt.


Dies ist das Tutorium zu Herr Prof. Dr. Mecklenburgs Seminar "Einführung in die Ältere deutsche Literatur und Sprache 2 Minnesang".
Dienstags von 18-20 Uhr.
Bei Fragen:
David.Bieseke@uni-kassel.de

Das Tutorium findet immer Freitags von 10-12 Uhr im ESG-Saal in der Mönchebergstraße 29 statt.Die erste Sitzung ist am 21.04.2023.

Mittelhochdeutsche Texte sind nicht einfach zu lesen: Wortschatz, Grammatik, Metrik, sozialer, historischer, kultur- und literaturgeschichtlicher Hintergrund, alles ist fremd und bedarf ausführlicher Erklärung und Übung. Beides soll anhand der Lektüre von mittelhochdeutschen Texten geschehen. Darüber hinaus gilt es aber auch, den Umgang mit wissenschaftlichen Hilfsmitteln und die Anwendung literaturwissenschaftlicher Arbeitsweisen zu vermitteln.

Als Referenztext dient in diesem Seminarder mittelhochdeutsche Minnesang von seinen Anfängen bis zu Reinmar. Damit behandeln wir eine recht spezielle Ausformung des anthropologisch immer wieder und immer neu ausgeformten Diskurses über die Liebe, über Mann-Frau-Beziehungen und damit in unserem Fall auch über Fragen der Selbstdeutung des mittelalterlichen deutschen Adels an der Wende von 12. zum 13. Jahrhundert. In populärwissenschaftlichen Darstellung und Schulbüchern herrscht dabei zumeist eine Beschreibung des Phänomens 'Minnesang' vor, die vom erfolglosen Werben eines 'armen' männlichen Sängers um eine sozial weit über ihm stehende, verheiratete Frau vor, oft wird das auch als eine platonische Liebesbeziehung verstanden. Dies ist eine inzwischen längst überholte Auffassung, durch die die Vielgestaltigkeit und poetische Komplexität des Minnesangs auf ein sehr einfaches Schema reduziert wird. Im Seminar sehen wir uns also die Anfänge des deutschen Minnesangs an, verfolgen seine Ausprägung zu einer 'echten' Gattung und schließlich die Manifestation seiner wichtigsten Liedformen, Motive und Themen bei Reinmar. Und natürlich werden wir uns im Reflex auf unsere Gegenwart immer wieder fragen müssen, was eigentlich 'Liebe' ist, warum (mittelhochdeutsch) minne nur eher selten mit 'Liebe' übersetzt werden kann und welche Diskurse über gleich- und gegengeschlechtliche, emotional begründete Ich-Du-Beziehungen es eigentlich gibt und welche Bedeutung sie für die Vergesellschaft von Menschen haben.


Georg Wickram ist einer der produktivsten und vielseitigsten deutschsprachigen Autoren des 16. Jahrhunderts. Er hatte wohl nur ansatzweise Lateinkenntnisse, war aber ein sehr guter Kenner der gesamten volkssprachigen Dichtungstradition und in seiner Heimatstadt Colmar als Gründer der Meistersingergesellschaft kulturell aktiv, während er seinen Lebensunterhalt zunächst Kunst- und Schildermaler vediente, bevor er ein kleines Schreiberamt im benachbarten Burkheim erhielt. Seine Romane hat er - erstmalig in der deutschen Literaturgeschichte - nicht auf Grundlage konkreter Vorlagen verfasst, sondern konzipierte eigene Geschichten unter Verabreitung des ihm zur Verfügung stehenden Stoff- und Motivinventars mittelhochdeutscher und frühneuhochdeutscher Dichtung. Dabei macht er (ebenfalls zum ersten Mal...) in unfangreicher Weise nichtadlige Menschen zu Protagonist:innen seiner Texte.

Die Forschung zu Wickram ist nicht annähernd so umfangreich und intensiv, wie es seiner literaturgeschichtlichen Bedeutung angemessen wäre und dreht sich meist um die immer gleichen Themen und Fragen. In diesem Seminar (dessen zweiter Teil im Sommersemester folgen wird), wollen wir uns Wickrams Texten aus einer bisher nicht vertretenen Perspektive nähern und sie dem unterziehen, was im englischsprachigen Raum "ecocritical reading" genannt wird. Eine Übersetzung ins Deutsche ist etwas schwierig und klingt auch ungelenk, aber am ehesten passt wohl (wie im Seminartitel zu lesen) der Begriff der ökokritischen Lektüren. Es geht dabei um einen Zugang, bei dem die typischen literaturwissenschaftlichen und narratologischen Analysewerkzeuge im Dienste einer Perspektive angewandt werden, aus der die Natur(darstellung) in den Texten, ihre kulturellen Zuschriebungen und ihre Reflexion von und auf zeitgenössische Vorstellungen vom Umgang mit Natur in den Mittelpunkt des Interesses rücken. Dabei steht im Hintergund auch immer die Frage nach unserem gegenwärtigen Umgang mit Natur im Zeitalter des menschengemachten Klimawandels. Um diese doch sehr globale Frage weiter zuzuspitzen, wollen wir uns dieses Semester auf Pflanzen konzentrieren, eine Perspektive die in der Forschung insgesamt bisher deutlich weniger Raum bekommt, als die sogenannten 'Human Animal Studies', denen ja auch in Kassel ein Forshcungsschwerpunkt galt und gilt. Dies wird sicher zunächst die Frage provozieren, ob es da überhaupt Relevantes zu beobachten gibt, insbesondere, da Pflanzen doch (anders als Tiere) gar nicht selbständig handeln. Genau dies aber werden wir von Beginn an infrage stellen, indem wir das Konzept der 'Agency' einführen und dann überhaupt eine Bestandsaufnahme machen, welche Pfalnzen bei Wickram vorkommen und in welcher Weise sie in die Erzählungen Eingang finden usw.

Um hier von Anfang an gemeinsam produktiv arbeiten zu können, ist es unumgänglich, dass die Teilnehmer:innen schon vor der ersten Seminarsitzung mindestens einen der Romane gelesen haben. Eine entsprechende Verteilung der zu lesenden Texte wird nach dem Ende der Einwahl per Moodle-Kurs durchgeführt. Die Seminarteilnehmer:innen werden dazu per E-Mail angeschrieben.

Insofern ist dies eine durchaus experimentelles Seminar, das seitens aller Teilnehmenden die Bereitschaft zu intensiver Lektüre der Primärtexte und ungewöhnlicher Forschungsliteratur erfordert. Wenn Sie sich bereits einmal ansehen möchten, was unter der Bezeichungn "literary and cultural plant studies" so gemacht wird, dann sehen Sie sich doch einmal hier um und surfen von dort aus weiter durchs Netz.

 

Dieses ist zwar die Fortführung des Seminars aus dem Wintersemester, es sind aber alle Interessierten eingeladen, auch ohne diesen Vorlauf teilzunehmen. Themen und Texte gibt es zur Genüge und Sie werden schnell auf den aktuellen Arbeitsstand gebracht und können dann je nach Ihren Interessen noch jede Menge neue Themenbereiche einbringen und/oder bearbeiten.


liest das hier irgrendwer?

Ist drin was drauf steht.

Ich freu mich auch euch!

Dies ist das übergreifende Tutorium zu den Seminaren von Frau Sternath und Herrn Mecklenburg. Wir treffen uns Montag von 18-20 Uhr in der G.-Forster-Str. 4 Raum 2004.