Das Seminar widmet sich dem Begriff sozialer Gestaltung. Die Grundüberlegung ist, dass nichts in der Welt "einfach so ist", sondern die Wirklichkeit dauerhaft konstruiert und von einer Vielzahl von Akteuren (re-)produziert wird. In den soziologischen Theorien gibt es eine viele Begriffe für diese Herstellung oder Hervorbringung von (sozialen) Tatsachen: Konstruktion, Produktion, Arbeit, Performance, Enactment, Formung, Transformation oder eben auch Gestaltung.
Mithilfe von soziologischen Texten aus der (Sozial-)Phänomenologie (Alfred Schütz), Gestalttheorie (Max Wertheimer), aber auch angrenzenden Disziplinen wie Entwicklungspsychologie (Jean Piaget) und (Lebens-)Philosophie (Henri Bergson) wollen wir theoretische Perspektiven kennenlernen, die uns ermöglichen, einen soziologischen Begriff von Gestaltung zu formulieren. Die These lautet, dass die Gestaltungsmöglichkeiten von Individuen oder Kollektiven an ihre Fähigkeit geknüpft ist, soziale Probleme oder Wirklichkeit überhaupt erst wahrzunehmen und darin einen Handlungsspielraum zu öffnen.
Weitere Autor*innen, die wir im Seminarkontext behandeln, sind bspw. Hannah Arendt, Pierre Bourdieu oder Harold Garfinkel. Ich freue mich auch über Literaturhinweise und Wünsche für zu behandelnde Theoretiker*innen von den Teilnehmenden. Schreiben Sie mir dazu gerne eine E-Mail.

Das Seminar ist so aufgebaut, dass Sie bis zum Tutorium am Montag die Texte einmal gelesen (oder zumindest überflogen), grob gegliedert und Fragen an den Text gerichtet haben (Welche Fragen könnte dieser Text mir beantworten?). Dafür lernen Sie im Seminar Lesetechniken kennen. Das Tutorium nutzen Sie, um die Texte aufzubrechen, in Abschnitte einzuteilen, erste Fragen an den Text zu diskutieren und Verständnis- und weitere Diskussionsfragen zu sammeln. Eine Studienleistung ist die Verfassung von vier sog. "Lektüreantworten", in denen Sie genau diese Fragen zusammenfassen und bis Montagabend auf Moodle hochladen. Im Seminar am Dienstag diskutieren wir dann jene Fragen und klären tiefergehende Verständnisfragen, vergleichen theoretische Positionen miteinander und suchen Anwendungsbeispiele und Kritiken. Die Prüfungsleistung ist wie in allen Seminaren in diesem Modul eine Hausarbeit mit 30.000 Zeichen. Das Thema der Hausarbeit formulieren wir gemeinsam. Ich biete eine enge Betreuung von Hausarbeiten in regelmäßigen Sprechstunden an.

Zur wiederholenden Vorbereitung empfehle ich den Blick in Lehrbücher zur Soziologischen Theorie (z.B. "Soziologische Theorien" von Rosa/Strecker/Kottmann (2013) sowie "Sozialtheorie" von Joas/Knöbl (2004)). Darüber hinaus können Sie zur theoretischen Sensibilisierung unter den Stichworten "Gestalt", "Phänomenologie", "Schema_(Psychologie)" und "Habitus" sowie zu den genannten Autor*innen im Internet nach ersten Schlagwörtern suchen.

Die Sitzung am 11.04. findet nicht statt. Die erste Seminarsitzung findet entsprechend am 18.04. statt.