Seit einigen Jahren wird viel über Extraktivismus diskutiert, also über die Gewinnung und den Export von Rohstoffen als Entwicklungsmodell. Wichtige Bereiche sind hier fossile Energieträger und Bergbau. In Lateinamerika spielt bei dieser Naturausbeutung traditionell der Agrarsektor eine große Rolle. In den Analysen des Extraktivismus ist die Landwirtschaft, also der meist monokulturelle Anbau nicht nachwachsender Rohstoffe wie Zuckerrohr, Soja oder Palmöl aber immer noch unterrepräsentiert. Eines der Hauptphänomene des Agrar-Extraktivismus ist, dass er oft mit niedrigen Investitionsraten, einem wenig aufgefächerten Binnenmarkt, großer Ungleichheit, informeller Arbeit sowie schwachen politischen Institutionen verbunden ist.

Uruguay hat zwar eine ausgeprägte Tradition bei der intensiven Nutzung von Bodenressourcen, entspricht dieser Beschreibung aber nicht ganz. Das lateinamerikanische Land organisiert seine Entwicklung rund um den Agrarsektor (Viehzucht, Soja und Forstwirtschaft) und reproduziert viele Muster eines agrarischen Rohstoffentwicklungsmodells. Dennoch weicht es in Fragen der Ungleichheit oder politischen Stabilität von anderen Rohstoffgesellschaften ab. Es lohnt sich darum zu prüfen, was Uruguay anders macht und was wir daraus über den Extraktivismus lernen können.

Das Seminar beginnt mit einer Analyse der politischen Ökonomie des Landes und untersucht die Verbindungen zwischen Extraktivismus, gesellschaftlichen Konstellationen und politischem System. Darüber werden die Besonderheiten des uruguayischen Agrarextraktivismus identifiziert und letztendlich bestimmt, welche Beziehungen zwischen Gesellschaft, Politik und sozialen Akteuren den Sonderfall Uruguay ermöglichten und inwieweit er nachhaltig ist.