In diesem Seminar soll anhand der gemeinsamen Lektüre von Platons Dialog „Gorgias“ die dort explizierte philosophische Bestimmung der Moral erörtert werden. Im „Gorgias“ wird die Frage nach dem richtigen Leben im Kontext der Auseinandersetzung mit den sophistischen Rhetoren bearbeitet, wobei der Streit mit dem Amoralisten Kallikles im Zentrum steht. In seinem Kern dreht sich dieser Streit um die Frage, was schlimmer ist: Unrecht tun oder Unrecht erleiden. Zwar ist der Dialog gespickt mit impliziten Verweisen auf die politische Wirklichkeit der griechischen Polis zu Platons Lebzeiten und hat insofern einen historischen Kern. Doch gerade am Auftreten des Amoralisten Kallikles und an der Kritik, die er erfährt, lassen sich ebenfalls Verweise auf unsere politische Gegenwart festmachen. Dass ein privilegierter gesellschaftlicher Status normativ dazu berechtigt, sich Vorteile zu verschaffen, ist ein Gedanke, der heute traurige Aktualität besitzt und den Platon präzise herausgearbeitet und kritisiert hat. 
Das Seminar soll in Platons Philosophie und in Grundlagen der praktischen Philosophie einführen. Vorkenntnisse sind deswegen nicht nötig.
Als Textgrundlage werden wir die Übersetzung von Friedrich Schleiermacher verwenden, die digital zur Verfügung gestellt werden wird.