Eine der Hauptmotivationen der Phänomenologie ist es, die Naturwissenschaften auf ihre unkritischen und implizit akzeptierten Annahmen hin zu befragen. Diese Befragung führt zu einer grundlegenden Kritik an der naturwissenschaftlichen Erforschung dessen, was als die empirisch gegebene Welt angesehen wird. Begriffliche Implikationen der naturwissenschaftlichen Perspektive sind aber nicht der einzige Grund dafür, um Sie einer phänomenologischen Kritik zu unterziehen. Vor allem der Mangel an lebensweltlicher Relevanz ist eine weitere treibende Kraft in diesem Kontext. Naturwissenschaften scheinen uns bei der Ausrichtung unserer Handlungen im Alltag kaum Orientierungen liefern zu können. Zudem bieten sie keine umfassende Möglichkeit an, unsere subjektive Lebenswelt als eigenständiges Forschungsobjekt anzusehen. Die aus der Phänomenologie entwickelte Kritik an den Naturwissenschaften ist dabei jedoch nie Selbstzweck. Sie soll vielmehr einer strengen philosophischen Wissenschaft den Weg ebnen, die den Naturwissenschaften nicht ihr Existenzrecht abspricht sondern ihre Defizite selbst auszugleichen versucht. In Husserls „Krisis der europäischen Wissenschaften und die transzendentale Phänomenologie” werden die beschriebenen Ideen auf die wissenschaftliche Praxis und ihre theoretischen Grundlagen angewendet. Wir widmen uns seinem Buch von Beginn an. Vorkenntnisse in der Phänomenologie sind nicht nötig, um erfolgreich am Seminar teilnehmen zu können.