Als ethnographisch forschende Person wirst du Teil des Feldes, das du
beforschst. Deine Erkenntnis entspringt aus der Spannung zwischen
Im-Feld-fremd-Sein und darin Einheimisch-Werden. Du lernst den
Handlungen aufmerksam zu folgen und eine dokumentarische Form
("fieldnotes") dafür zu finden. Das ermöglicht uns auf Fragen wie diese
zu schauen: Welche Dynamiken wiederholen sich in sozialen Beziehungen?
Welche (impliziten) Regeln gelten in einer sozialen Situation? Wie
stabilisieren oder verunsichern sich (Macht)-Strukturen in einer
Interaktion? Welche sozialen Positionen bringen die Teilnehmenden einer
Situation dazu so zu handeln, wie sie handeln?
Dieser Kurs ist
hochgradig praktisch angelegt. Ihr bekommt einen großen Korpus an
Methodenliteratur und beispielhaften Studien auf Moodle bereitgestellt.
Im Seminar selbst lesen wir nur wenige Texte gemeinsam und gehen
stattdessen (fast) jede Sitzung auf die Straße oder andere soziale
Kontexte um das teilnehmende Beobachten und Schreiben von fieldnotes,
später auch das Auswerten und Interpretieren zu üben. Im zweiten Teil
des Semesters wählst du dir ein ethnographisches Forschungsprojekt zur
selbstständigen Durchführung (auch in Gruppen möglich), das wir in
Kolloquien im Jan./Feb. beratend voranbringen.
Als
Anwendungsfelder ziehen sich Fragen aus der Techniksoziologie und den
Gender Studies durch das Seminar. Durch den praktischen ethnographischen
Ansatz könnt ihr Themen wie genderspezifische oder patriarchale
Verhaltensweisen, Präsenz und Machtwirkung von Technologien oder
vergeschlechtlichten Rollenbildern in Alltagssituationen oder auch
Überschneidungen von Technologie und Gender beforschen. Gender kann in
dem Sinne selbst als governementale Technologie verstanden werden
(Biomacht/live politics). Andersherum erscheint die gestaltete
Materialität und die Nutzung von Technologien als gendered (queere/feministische STS).
Das
Seminar kann auch zur Datenerhebung für daran anschließende
Bachelorarbeiten genutzt werden. Wer keine Credits mehr benötigt, aber
eine ethnographisch orientierte Bachelorarbeit schreiben möchte, kann
dieses Seminar auch als Methodenkurs und Kolloquium für die
Bachelorarbeit nutzen.
Achtung! Ab der zweiten Seminarsitzung (also im Nov./Dez.) dauern die Sitzungen je zwei volle Stunden (14:00 s.t. bis 16:00). Dafür entfallen die Termine am 17.01. und 31.01.
Die verbleibenden drei Sitzungen im Jan./Feb. finden als Kolloquien zu normalen Seminarzeiten (14:15 bis 15:45 Uhr) statt.
Aufgrund
des hohen Anwendungsbezugs finden die Sitzungen im Oktober bis Dezember
ausschließlich in Präsenz statt. An den Kolloquien kann auch online
teilgenommen werden.