Die Epoche des Humanismus und der Renaissance (ca.1300 bis 1600) wird als Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit bezeichnet. So versuchen die Denker dieses Zeitraums durch die gezielte Erneuerung des Bildungsguts der Antike die Inhalte und Methode der Scholastik abzulösen. Im Zuge dieses ideengeschichtlichen Umbruchs werden auch die Grundfragen nach dem Wesen des Menschen und dem glücklichen Leben neu formuliert. Es entsteht ein eigenes Verständnis von Anthropologie, Moralphilosophie und Menschenwürde, das auf die Antike als „Schule der Menschenbildung” zurückgreift und die „heidnischen” Vorgaben bewusst mit der christlichen Kultur zu verknüpfen sucht. Freilich wird diese Entwicklung von ihren frühhumanistischen Anfängen bis zu ihrem Niedergang in der Spätrenaissance von vielfältigen Interessen geleitet und verläuft aus diesem Grund nicht in bruchloser Kontinuität: So stellt Francesco Petrarca (1304-1374) einer pessimistischen mittelalterlichen Sicht auf den Menschen ein entschieden positives Menschenbild entgegen. Zudem geht Petrarca vom Vorrang der Moral vor der Philosophie aus und bezieht die „Liebe zur Tugend” in neuartigem und schon modernem Selbstbewusstsein auf das eigene Ich. Giannozzo Manetti (1396-1459) betont im Rahmen der im 15. Jahrhundert aufkommenden „dignitas”-Literatur (Literatur über die Würde des Menschen) die kulturschaffende Tätigkeit des Menschen. Mit Pico della Mirandola (1463-1494) gewinnt die Auseinandersetzung um den Menschen eine neue Qualität. Auf der Grundlage einer entschiedenen Aufwertung der philosophischen Reflexion entsteht der wichtigste Traktat zur Menschenwürde in der Renaissance, in dem die Willensfreiheit des Menschen zum ausschlaggebenden Kriterium seiner Sonderstellung wird. Mit Giordano Bruno (1548-1600) schließlich mündet die Frage nach dem Menschen in eine eigene Form der „Oppositionsliteratur”. Die inzwischen erstarrten Formen des humanistischen Bildungsideals werden als pedantisch empfunden und in scharfer satirischer Form zurückgewiesen.

Das Seminar ist für das ITALICUM geöffnet.

Begleitend zum Seminar wird ein Moodle-Kurs eingerichtet.

Literatur: Francesco Petrarca, Heilmittel gegen Glück und Unglück, lat.-dt. Ausgabe in Auszügen übers. und kommentiert von R. Schottlaender, hg. von E. E. Keßler, Humanistische Bibliothek 18, München 1988; ders., Über seine und vieler anderer Unwissenheit, lat.-deutsch, übers. von K. Kubusch, hrsg. und eingeleitet von A. Buck, Phil. Bibliothek Bd. 455, Hamburg 1993. Giannozzo Manetti, Über die Würde und Erhabenheit des Menschen, übers. von H. Leppin, hrsg. und eingeleitet von A. Buck, Phil. Bibliothek Bd. 426, Hamburg 1990. Giovanni Pico della Mirandola, De hominis dignitate = Über die Würde des Menschen, übers. von N. Baumgarten, hrsg. und eingeleitet von A. Buck, lat.-deutsch, phil. Bibliothek Bd. 427, Hamburg 1990. Bd. 528, Hamburg Giordano Bruno, Die Kabbala des Pegasus, übers. und hrsg. von K. Neubauer, mit einer Einleitung von M. Ciliberto, Phil. Bibliothek 2000.