Lehrkräfte gelten nicht nur in massenmedialer Berichterstattung, sondern auch in wissenschaftlichen Publikationen häufig als einer Berufsgruppe zugehörig, die besonderen Belastungen ausgesetzt ist (vgl. z. B. Hasselhorn 2009, 76f.; Schaarschmidt & Kieschke 2013, 82). Weiterhin wird vielfach behauptet, Belastungsmomente des Lehrberufs spitzten sich in der Spätmoderne noch mehr zu (vgl. bspw. Tippelt 2018, 658f.). Im deutschen und vor allem anglophonen Sprachraum liegt zudem eine unüberschaubare Menge an (größtenteils quantitativen) Studien zur Belastung/Beanspruchung von Lehrkräften, teacher stress sowie Burnout im Lehrberuf vor, wobei die verwendeten Begrifflichkeiten und Befunde inkonsistent sind und die Aussagekraft der Ergebnisse als limitiert gilt (vgl. bspw. Rothland 2013, 7). Insofern stellt sich bereits seit Längerem die Frage, ob Lehrer*innenbelastung (und ihre Folgen) überhaupt als ein quantitativ erforschbares Phänomen verstanden werden kann oder nicht vielmehr – zumindest ergänzend – anderer Zugänge bedarf (vgl. Combe & Buchen 1996).

Dementsprechend soll Studierenden im Seminar die Möglichkeit gegeben werden, sich in einzelfallbezogenen Analysen autobiographisch-narrativer Interviews mit als depressiv/an Burnout erkrankt diagnostizierten Lehrkräften Belastungs- und Erschöpfungsphänomenen sinnverstehend resp. sinnrekonstruierend anzunähern. Mit Bezug auf die Lehrer:innenbildung wird zudem die „Bedeutsamkeit der biographischen (Selbst)Reflexion als ein zentraler Bestandteil von Professionalität“ (Fabel-Lamla 2018, 86) betont. An die Beschäftigung mit biographischen Erzählungen erschöpfter Lehrkräfte ist demnach neben der erkenntnissteigernden Analyse typischer biografischer Verläufe und Fallstrukturen die Hoffnung geknüpft, bei Lehramtsstudierenden eine reflexive Auseinandersetzung mit dem eigenen »So-Geworden-Sein« anzustoßen und damit auch Professionalisierungsprozesse zu befördern. Im ersten Teil des Seminars gewinnen die Teilnehmenden Einblicke in den Forschungsstand zu Belastung/Beanspruchung und Erschöpfung im Lehrberuf. Außerdem werden grundlegende Kenntnisse zum Datenmaterial »autobiographisch-narratives Interview« sowie zum methodischen Vorgehen biografischer Fallanalysen erarbeitet. Im zweiten Teil des Seminars werden die angeeigneten methodischen Kenntnisse am Datenmaterial erprobt. Seminarleistungen ist neben der selbstverständlichen regelmäßigen Teilnahme die Abgabe einer biographischen Fallrekonstruktion (auch in Gruppen/Teams möglich).