Aus aktuellen Gründen wird das ursprünglich an dieser Stelle geplante Seminar "Musikwirtschaft" verschoben und stattdessen ein Forschungsseminar zum Beitrag von Musik zu Frieden und Krieg vorgesehen. Schon kurz nach Beginn des Angriffskrieges Russlands auf die Ukraine ploppten Solidaritäts- und Benefizkonzerte überall auf die Bühnen. Das ist ehrenhaft und bewegend, und doch teilen viele Menschen die Ahnung, das Gefühl oder die Überzeugung, dass Musik mehr bewirken könne (oder können müsse) als nur Solidarität oder Geld beizusteuern (um wahlweise Frieden oder Krieg zu unterstützen). Die Geschichte nicht nur der populären Musik ist voller Beispiele. Kaum jemals ist jedoch eine systematische Wirkungsanalyse derartiger Einsätze von Musik durchgeführt worden. Also: können Lärm und Trompeten eine Stadtmauer zum Einsturz bringen? Bewirkt das Marschieren im Gleichschritt zum Rhythmus einer Musik eine Entindividualisierung und damit blinden Gehorsam? Inwiefern unterstützen die "Internationale", das "Horst Wessel-Lied" oder "Sag' mir wo Du stehst" jenseits der Textaussagen bzw. –assoziationen die jeweiligen dahinterliegenden Ideologien? Kann die Musik Beethovens zu brutaler Gewalt anstacheln (Clockwork Orange) und gleichzeitig zur europäischen Einigung beitragen? Warum wird der Instrumentaltitel "Star spangled banner" von Jimi Hendrix' als Kritik am Vietnamkrieg interpretiert? Haben sich Soldaten während des Irak-Krieges im Kampfeinsatz von Musik ihrer iPods enthemmen lassen? Welche Möglichkeiten bietet Musik als individuelles oder kollektives Folterinstrument? Diesen und weiteren Fragen werden wir in diesem Forschungsseminar mit einem Fokus auf systematische Wirkungsanalysen (ist der beschriebene Effekt wirklich eingetreten?) nachgehen. Sofern die Einreichung angenommen wird, können ausgewählte Ergebnisse evtl. in Form einer Exkursion auf der gemeinsamen Tagung von IASPM D-A-CH und GfPM "Parallelgesellschaften" in Wien vorgestellt werden (20.-22.10.2022)