Was ist damit gemeint und was muss man darunter verstehen, wenn die Soziologie dem Wortsinn nach die »Lehre von der Gesellschaft« ist? Betreibt und studiert man Soziologie, ist man mehr als in anderen Fächern mit dem Problem konfrontiert, den genauen Gegenstandsbereich des eigenen Faches zu bestimmen. Um über »die Gesellschaft« zu forschen, bedarf es daher immer auch theoretischer Grundannahmen darüber, was der Gegenstandsbereich der Soziologie ist (in Abgrenzung etwa zu anderen Fächern) und was die Soziologie erklären soll oder kann. Diese Fragen verweisen auf die Notwendigkeit der Auseinandersetzung mit soziologischer Theorie.

Einen möglichen Zugang zu den verschiedenen Ebenen und Grundpositionen soziologischer Theoriebildung stellen fundamentale Kontroversen bzw. Konfliktlinien dar, die die Soziologie wiederkehrend beschäftigen. Jene Kontroversen stecken auf markante Weise die Problemdimensionen des Fachs ab. Zugleich zeigen sie in exemplarischer Form sowohl die verschiedenen, konkurrierenden Paradigmen als auch die verbindenden Elemente der Soziologie. Anstatt also einzelne Autoren vertiefend zu lesen, soll im Seminar ein spezifischer Problemkreis gesellschaftlicher Wirklichkeitsdeutung erschlossen und diskutiert werden.

Wie könnte die "Theorie" von Praxis aussehen? Was ist eine Praxis von Theorie? Was unterscheidet Praxis und Praktiken? Ist freier Wille möglich? Oder handeln wir nach "eingeschliffenen" Routinen und institutionellen Regeln und lassen uns von Technik beeinflussen? Findet praktisches Handeln innerhalb fester Diskurse statt, in denen wir bloß vorgegebene diskursive Positionen einnehmen? Oder inwiefern trägt die Praxis jedes*jeder Einzelnen nicht auch zur Bildung gesellschaftlicher Diskurse bei? Was ist Performativität? Wie prägen andersherum machtvolle Diskurse unser Denken und Handeln? Wo ergeben sich Brüche? Und wie ist Widerspruch möglich? Diesen und anderen Fragen gehen wir in dem Seminar nach.