Die Institution des Museums bietet in der Kunstwissenschaft einen sinnvollen Ankerpunkt, um die Einbettung von Kunstwerken in gesellschaftliche Vorstellungswelten zu verstehen. Während die öffentliche Auseinandersetzung mit Kunst heute in unzähligen Formaten und Kontexten stattfindet, stand das Museum in den 1960er Jahren noch im Fokus der Bildung eines kulturellen Konsensus. Anhand seiner Konzeption wurden neue Visionen für eine Gesellschaft entwickelt, die sich in der dynamischen Zeit von der Zäsur des Zweiten Weltkriegs ausgehend bis über die politischen Ereignisse der 1968er Bewegung hinweg neu ausrichten musste. Mit der Frage „Das Ende der Zuversicht?“ (Konrad H. Jarausch) ist der Bogen beschrieben, mit dem die Fortschrittseuphorie der Nachkriegszeit in den 1970er Jahren endete. In jener Zeitspanne wurde der Versuch unternommen, das starre, bürgerlich geprägte Museum abzuschaffen und durch die Möglichkeiten der modernen Dienstleistungsgesellschaft wiederzubeleben. Im großen Spektrum der Museumsutopien fand sich das beliebte Ideal des „Museums für alle“, welches die barrierefreie Verfügbarmachung von Kulturgut versprach. Als pädagogisch überarbeiteter Lernort sollte es die schulische Bildung verbessern, dann aber auch Scharnier für die Umsetzung tiefergehender Demokratisierungsforderungen der 1968er-Bewegung sein. Die Präsentation und Vermittlung des Kulturguts rückten neben den anderen traditionellen Aufgabenfeldern des Sammelns, Bewahrens und Forschens in den Fokus, und somit auch die Menschen, die als aktiver Part im Ausstellungskontext mitgedacht wurden. Museumsvisionen bewegten sich folglich an den Schwellen unterschiedlichster Alltagswelten, näherten sich dem Warenhaus an, fungierten als Kreuzungspunkt der modernen vernetzten Stadt, waren Informationszentren und Kulturmaschinen, und nicht zuletzt lebendige Foren der gesellschaftlichen Debatte.

Das Seminar wird anhand von ausgewählten Quelltexten des damaligen Museumsdiskurses Einblick in die neuere Museumsgeschichte geben. Es richtet dabei den Fokus auf das eigene Lese- bzw. Interpretationsverhalten im Umgang mit historischen Quellen und die Formulierung von Forschungsfragen an das Material.

Teilnahmevoraussetzungen: Regelmäßige Anwesenheit, Vor- und Nachbereitung der Quelltexte, Durchführung eines Referats.

Wichtig: Bitte schreiben Sie sich in den zugehörigen Moodle-Kurs ein, um auf alle Informationen zur Lehrveranstaltung Zugriff zu erhalten.