Vertrauen ist ein Angelpunkt unserer zwischenmenschlichen BeziehungenEs stiftet und trägt prekäre Verbindungen, die verletzt werden können, es durchzieht unsere „thick relations“ zueinander, und ist eine Voraussetzung für kooperatives Handeln und die Stabilität sozialer Institutionen. Es durchzieht auch unser Verhältnis zur Welt: Das meiste, was wir wissen, wissen wir von Anderen, denen wir vertrauen (müssen). Zugleich sind wir regelmäßig „epistemisch ungerecht“, wenn wir das Zeugnis mancher Leute entweder nicht hören oder nicht ernstnehmen. Vertrauen ist vielgestaltig: eine Haltung oder Einstellung, eine besondere Qualität von Beziehungen.

 

Vertrauen setzt voraus, dass wir einander anerkennenDie Hörerin eines Zeugnisses etwa muss die Zeugin, die Empfängerin eines Versprechens muss die Person, die das Versprechen gibt, als eine auffassen, der sie „Vertrauen schenken“ mag. Hier könnte die Sache verwickelt werden: Eine Andere als vertrauenswürdig anerkennen heißt, sie so anerkennen, dass eine bestimmte normative Beziehung zwischen uns entstehen kann – dass wir zum Beispiel Aufrichtigkeit erwarten dürfen, und uns zurecht verletzt fühlen, wenn wir belogen werden oder ein Versprechen gebrochen wird. Aber zeigt eine solche Anerkennung als vertrauenswürdig nicht eigentlich, dass wir dem Gegenüber schon vertrauensvoll begegnen? Kommt vielleicht dadurch, dass wir sie so ausdrücklich als vertrauenswürdig anerkennen, ein Zweifel ins Spiel, der Vertrauen auch untergraben kann?

 

Wir werden im eher für fortgeschrittene Studierende geeigneten Seminar besprechen, wie Vertrauen und Anerkennung zusammenhängen, indem wir uns an einschlägigen Diskussionsbeiträgen die begriffliche Modellierung dieser Phänomene ansehen und dann exemplarisch die Vermutung ihrer wechselseitigen Angewiesenheit diskutieren. Die Beiträge stammen u.a. von Annette Baier, Richard Moran, Stanley Cavell, Miranda Fricker und Lars Hertzfeld, und werden zu Veranstaltungsbeginn auf Moodle bereitgestellt.