Auf dem Weg von Bacon über Descartes, Newton und Kant bis ins 20. Jahrhundert wurden das Experiment, d.h. »die Konstruktion künstlicher kontrollierter Situationen« unter »Verwendung verfeinerter Instrumente« (Th. McCarthy) und die Berechnung, aus der sich Gesetzesaussagen ableiten lassen, zur Basis wissenschaftlicher, d.h. wahrheitsfähiger Erkenntnis erklärt. Der Begriff des Allgemeinen, der dem zugrunde liegt, bezieht sich einerseits formal auf Mathematisierung, aber andererseits auch inhaltlich auf ein Konzept menschenwürdigen Lebens, dessen gesellschaftliche und politische Institutionen auf Naturbeherrschung mit Hilfe komplexer werdender Techniken beruhen.

Das Allgemeine der neuzeitlich-modernen Wissenschaften ist also nicht nur ein theoretisches, sondern auch ein gesellschaftlich Allgemeines. Das entspricht dem Vernunftbegriff der Aufklärung, der (natur-) wissenschaftliche Forschung mit der Erkenntnis sozialer Gesetzmäßigkeiten verknüpfte: Sowohl der natürliche als auch der soziale Lebenszusammenhang sind rational zu beherrschen und zu gestalten; wissenschaftlicher und politischer Fortschritt bedingen sich wechselseitig.

Mit dem Zerfall eines universalistischen Vernunftbegriffs wurde die Verbindung der wissenschaftlichen mit der politisch-praktischen Vernunft mit dem politischen Siegeszug des Bürgertums verabschiedet. Wissenschaftliche Teildisziplinen verselbständigten sich, die Perspektive einer gesellschaftlichen Organisation des Wissens wurde zur Vermehrung gesellschaftlichen Reichtums, der privat angeeignet wird, nicht mehr gebraucht. Das wissenschaftliche Projekt der Aufklärung, gemäß den Einsichten der Vernunft geordnete politische und soziale Zustände herzustellen und statt Willkür im Kampf der Interessen eine gesamtgesellschaftliche Planung der Produktion durchzusetzen, ging im Durcheinander der Märkte unter. Die Art und Weise, wie Wissenschaft Anwendung findet, steht seither in einem »furchtbarem Mißverhältnis zu ihrer hohen Entwicklungsstufe und zu den wirklichen Bedürfnissen der Menschen« (M. Horkheimer). 

Im Seminar werden die Thesen und Argumente einer kritischen Theorie der Wissenschaft anhand ausgewählter Texte diskutiert.