Es ist schon lange bekannt, dass es in Italien des 14./15. Jahrhunderts zu einem epochalen Wandel in der Geschichte der westlichen Kultur kam. Der „revolutionäre" Charakter der im diesem Zusammenhang neu entstandenen kulturellen Bewegung, des sogenannten „Humanismus“, wurde in Frage gestellt, und die Kontinuität mit der vorherigen Tradition wurde anerkannt und hervorgehoben; und doch scheint es uns wirklich unmöglich, das Ausmaß des wirklich revolutionären Wandels zu leugnen, den die Humanisten in der Kulturgeschichte herbeigeführt haben.

Ziel dieser Lehrveranstaltung ist es, einen Gesamtüberblick über eine äußerst komplexe Bewegung zu bieten und sich dabei auf zwei Autoren und Schlüsselmomente zu konzentrieren: Francesco Petrarca (1304-1374) und Lorenzo Valla (1407-1457). Trotz der absoluten Distanz im historischen Kontext, in den Perioden der Aktivität, im individuellen und intellektuellen Charakter stellen diese beiden Schriftsteller aus der Perspektive dieser Lehrveranstaltung zwei grundlegende Momente der Artikulation des Humanismus dar, und sie tun dies in beiden Fällen durch den Aufbau einer starken Kontroverse gegen die sogenannten „kulturellen Alternativen“, die herabgewürdigt und als minderwertig angegriffen werden.

Bei Petrarca händelt es sich um eine der ersten Ausprägungen des Humanismus (es ist kein Zufall, dass er als geistiger Vater der Bewegung gilt), und zwar durch die polemische Auseinandersetzung mit den für das Mittelalter typischen kulturellen Orientierungen und Denkschulen (der Begriff der translatio studii et imperii, der „Aristotelismus“ und der „Averroismus“, die gesellschaftliche und wissenschaftliche Positionierung der Medizin, ...): der Humanismus entsteht ex negativo aus seinen Feinden, und diese Vorgehensweise sollte im folgenden Jahrhundert von Valla übernommen werden. Es geht für Valla nicht mehr darum, die Legitimität des Humanismus gegen als mittelalterlich anerkannte Einstellungen zu verteidigen, sondern darum, seine eigene Vision des Humanismus gegen die der anderen Mitglieder der Bewegung zu fördern, was die Komplexität und Vielfalt des Phänomens zeigt. Vereinfacht gesagt kann man sagen: Petrarca unterstützt den Humanismus, Valla unterstützt seinen Humanismus.

Da es in der Lehrveranstaltung um polemische Schriften geht, ist ein Exkurs über den Begriff der Invektivität unabdingbar, der als heuristischer Schlüssel der gesamten Lehrveranstaltung gelten kann; darüber hinaus wird ein allgemeiner Überblick über die Merkmale der Bewegung und die Orte und Zeiten, in denen sie sich entwickelte, der eine allgemeine Einführung für die beiden Fallstudien darstellt.