Kunst und Ausstellungen spielen massgebende Rollen in Vorstellungen von Landschaft und Ökologie. Die „Erfindung“ der Landschaft in Europa lässt sich auf eine Verflechtung von ästhetischen und wissenschaftlichen Diskussionen um die gottgegebenen Verhältnisse zwischen Menschen und Natur zurückführen, die in Landschaftsparks und Malerei ausformuliert wurde. Darunter ist die Malerei-Schule von Barbizon aufzuführen, deren ästhetisches Interesse am Wald von Fontainebleau in Frankreich zur Gründung des ersten Naturschutzgebietes der Welt führe. Die Entwicklung Englischer und Französischer Landschaftsparks war an Diskussionen um das Wesen der Natur in Kunst und Wissenschaft gebunden. Im Zuge der Erfindung und Verbreitung des Mediums der Fotografie lassen sich neue Sichtweisen auf die gesellschaftliche Bedeutung von Landschaft nachvollziehen. So dokumentierten Fotograf:innen im Auftrag der Farm Security Administration die Auswirkungen der Dürre während der Great Depression auf Bäuer:innen in den USA. Ebenso ist die Popularität des Yosemite-Nationalparks in Kalifornien eng mit den Fotografien Ansel Adams verbunden. Hingegen etablieren neue Ausstellungsformen von Kunst und Wissenschaft seit der Moderne ökologische Modelle und Naturbegriffe, wie etwa in der Reproduktion und Naturalisierung von rassischen Konzepten der Ethnologie im frühen 20. Jahrhundert, die Ausdifferenzierung von Kunst, Mensch und Natur seit den 1950er Jahren hin zu ökologischen Konzepten in der zeitgenössischen Ausstellungspraxis. So stösst das vorgeschlagene geologische Zeitalter des Menschen, das Anthropozän, unterschiedliche Positionen und Lösungsvorschläge an, die in Ausstellungen wie die documenta fifteen in Kassel (2022) oder „Critical Zones. Horizonte einer neuen Erdpolitik“ am ZKM in Stuttgart (2020-2022) ausformuliert werden.

In diesem Seminar werden Begriffe der Kunst und Ausstellung zwischen 1900 und Heute im Hinblick auf implizierte oder explizite Mensch-Natur-Verhältnisse sowie die Rolle von Ästhetik im Erkennen und Benennen von Landschaft und Natur diskutiert. Teilnehmende lernen Fallbeispiele aus Kunst- und Ausstellungsgeschichte kennen und eignen sich die Fähigkeit an, die Verhältnisse zwischen Kunst, Ausstellung und Wissenschaft selbstständig zu beschreiben. Im Zentrum steht die Frage, wie dichotome Mensch-Natur-Begriffe problematisiert werden können und welche produktiven Alternativen in den Geistes- und Kulturwissenschaften angeboten werden. Die Lektüre des Seminars beinhaltet theoretische Positionen und aktuelle Forschung, teilweise werden Texte auf Englisch gelesen.

Die Lektüre der Texte und aktive Teilnahme an der Diskussion wird vorausgesetzt. Als Studienleistungen werden Sitzungsprotokolle, Sitzungsleitungen/Workshops oder Vorträge akzeptiert. Die Studienleistung ist Voraussetzung für eine Prüfungsleistung.