Der Schriftsteller, Komponist und Zeichner E.T.A. Hoffmann (Königsberg 1776 – Berlin 1822), manchmal als „Gespenster-Hoffmann“ bezeichnet, war einer der meistgelesenen Autoren der Romantik. Während Hoffmann vor allem für seine unheimlichen und phantastischen Erzählungen und Romane bekannt geworden ist, werden bei ihm die Grenzen der Alltagsrealität doch typischerweise nicht ohne reflektierende und ironische Brechungen überschritten. Als Romantiker hatte er zugleich einen ausgeprägten Sinn für Satire und Groteske und nahm in seiner späten Erzählung „Des Vetters Eckfenster“ (1822) auch bereits Momente des literarischen Realismus vorweg.

Das Seminar stellt Hoffmanns Roman „Lebensansichten des Katers Murr“ als zentrales Dokument einer zwischen Revolution und Restauration problematisch gewordenen, zwischen genialem Anspruch und prä-moderner Ernüchterung zerrissenen romantischen Kunstauffassung in den Mittelpunkt. Erweitert wird die Perspektive durch einige ausgewählte Erzählungen: Im „Sandmann“ verliebt sich Nathanael unglücklich in die Puppe Olimpia; das „Majorat“ bietet einen spukhaft-verfremdenden Blick auf Hoffmanns preußische Heimat. Im „Artushof“ steht die Liebes- und Selbstfindungsgeschichte eines jungen Malers zwischen Deutschland und Italien im Mittelpunkt, während der so präzise wie imaginative Blick eines Gelähmten durch „Des Vetters Eckfenster“ hinaus auf Berliner Straßenszenen Übergänge zwischen Romantik und Realismus offenlegen kann. Im ‚goldnen Topf‘ stolpert ein Student buchstäblich in die märchenhafte ‚Parallelwelt‘ des Herrschers von Atlantis, und in „Klein Zaches“ können nur Feenkräfte vor den Machenschaften einer dämonischen Missgeburt retten, auf welche besonders Bürokraten und Streber in Deutschlands spätabsolutistischer Kleinstaaterei hereinfallen. Phantasie und künstlerisches Genie präsentieren sich bei Hoffmann in einer bereits auf die Hybridität der künstlerischen Moderne vorausgreifenden Gebrochenheit.

Seitenblicke gelten – je nach Interessen der Seminarteilnehmer/innen -auch ausgewählten Zeichnungen und einem Beispiel für Hoffmanns juristische Tätigkeit.

 

Kompaktseminar in Präsenz, Mo.-Do., 12.-15.2. 2024, jeweils 8:15 bis 15:45 Uhr, inkl. Pausen

Vorläufige Seminarübersicht

Mo, 12.2. vormittags

Einführung; Hoffmann als ‚intermedialer‘ Künstler

nachmittags

„Der Sandmann“, „Das Majorat“; Ausgewählte Zeichnungen

Di., 13.2. vormittags

„Der Artushof“, „Des Vetters Eckfenster“

nachmittags

„Der goldne Topf“,

Mi, 14.2. vormittags

„Klein Zaches genannt Zinnober“

nachmittags

„Kater Murr“ (1)

Do., 15.2. vormittags

„Kater Murr“ (2)

nachmittags

Rezeption und Wirkung Hoffmanns; Kritik

Seminarbilanz und Fragen zur Qualifikation etc.

 

Textgrundlage: E.T.A. Hoffmann: Sämtliche Werke in sechs Bänden. Hrsg. Wulf Segebrecht, Hartmut Steinecke, Gerhard Allroggen u.a., Frankfurt a.M.: Deutscher Klassiker-Verlag 1985-2004.

Benutzt werden kann z.B. auch die vierbändige Ausgabe Frankfurt a.M.: Insel 1967 (Hrsg. Herbert Kraft).

Es werden ein Semesterapparat in der Universitätsbibliothek und eine Moodle-Seite eingerichtet.

Studienleistung: Referat mit ca. 5seitiger Zusammenfasssung

Prüfungsleistung: Referat mit Hausarbeit von 20 S.

Anmeldung bitte frühzeitig auch an maurach@uni-kassel.de, ggf. mit Übernahme eines Themas.

Es können selbstverständlich auch eigene Referatsthemen formuliert und vorgeschlagen werden.