Eine Einführung in die hispanoamerikanische Literaturwissenschaft als Kulturwissenschaft beschäftigt sich nicht nur mit Epochen, Textsorten und Autoren. Sie beschäftigt sich mit den medialen Bedingungen von Literatur, sie thematisiert die in ihr stattfindenden Verhandlungen von kollektiven und individuellen Identitäten und schärft die Aufmerksamkeit für Figuren und Motive, die im Laufe der Literaturgeschichte aufs Neue wiederkehren und daher von kollektiver Qualität sind. Für die Regionen des spanischsprachigen Amerikas gehören zu solchen Figuren z.B. der Gaucho, der Caudillo, der Ureinwohner oder auch der Revolutionär. In der Einführungsveranstaltung soll es durch die Lektüre von in diesem Sinne zentralen Textbeispielen gelingen, den kulturhistorischen Dimensionen der hispanoamerikanischen Literatur auf die Spur zu kommen.

Erwartet wird die vollständige Lektüre der zur Verfügung gestellten Texte sowie die aktive Teilnahme am Seminargespräch. Die Veranstaltung wird mit einer Klausur abgeschlossen.


Hat die Natur eine Geschichte? Man könnte hierauf mit Darwin und der Evolutionstheorie antworten, darum geht es in der geplanten Vorlesung allerdings nicht. Vielmehr geht es um die historisch wandelbaren Formen, durch welche das, was wir heute ‚die Natur‘ nennen, jeweils vorgestellt und konzeptualisiert wird. Etwas über diese Formen des ‚Naturdenkens‘ in Lateinamerika zu erfahren bedeutet dann auch, etwas über seine Kulturgeschichte zu lernen. Denn in einer Weltregion mit kolonialer Vergangenheit steht Naturerfahrung immer auch in einem Zusammenhang mit Begriffen wie Landbau, Zivilisation oder Fortschritt, die zum Inventar des europäischen Selbstverständnisses gehören und kritisch reflektiert werden sollten. Auch bedeutet Kolonialgeschichte die selten gewaltfreie Begegnung mit indigenen Völkern, die das, was wir Natur nennen, anders auffassen. Dem damit angedeuteten Wandel der Naturkonzepte von Kolumbus bis zur Literatur des 20. Jahrhunderts soll in der Vorlesung episodisch Rechnung getragen werden. Abgeschlossen wird die Veranstaltung mit einer Klausur. Bitte beachten Sie: Im Wintersemester 2022/23 wird keine Vorlesung angeboten. Bei dringendem Bedarf sollte die Veranstaltung also jetzt belegt werden.      


El objetivo de este seminario es analizar la percepción que sobre los pueblos de América se manifiesta en los escritos de una selección de conquistadores, literatos, historiadores, misioneros y teólogos espanoles del siglo XVI. Analizaremos a ese fin en primer lugar  algunos fragmentos de las "Cartas de relación" de Hernán Cortés y de la "Historia verdadera de la conquista de la Nueva Espana" de Bernal Díaz del Castillo. Dirigiremos también nuestra atención a algunos capítulos del interesante relato autobiográfico de la fracasada expedición de Cabeza de Vaca por tierras de América del Norte. Leeremos igualmente una breve selección de episodios de la singular epopeya de Álvaro de Ercilla sobre la colonización de Chile, "La Araucana", donde los héroes centrales son los pobladores nativos. Examinaremos después las tempranas denuncias de Bartolomé de las Casas contra los crueles excesos de la conquista, así como los debates que los escritos del fraile dominico generaron. Dedicaremos una sesión a las reflexiones jurídico-filosóficas del padre Vitoria en torno a  la legitimidad de la conquista y la guerra contra los pueblos originarios de América. Y por último prestaremos atención a la visión del Inca Garcilaso, ya en el siglo XVII, sobre el sangriento conflicto de la Monarquía Hispánica con el Imperio Inca en el siglo anterior. Los textos principales, así como una parte de la relevante bibliografía crítica, serán puestos en Moodle a disposición de los participantes en el curso. Las sesiones tendrán lugar alternativamente en espanol y alemán. Para las presentaciones orales y los trabajos escritos se podrá optar entre ambos idiomas.

„Wenn einer eine Reise tut, so kann er was erzählen“ – so soll Matthias Claudius, eine deutscher Dichter des 18./19. Jhs. einmal formuliert haben. Tatsächlich ist die Reise in ihrer Nähe zu Abenteuernarrativen immer schon ein bevorzugtes Thema der Erzählliteratur gewesen. In diesem Sinn beinhalten geographische Bewegung und Aufenthalt in fremden Ländern auch die Begegnung mit anderen Kulturen und das Durchlaufen von Lernprozessen. Die Erzählliteratur ist in dieser Hinsicht häufig konservativ – dies ist bemerkenswert, wenn man auf der anderen Seite den Aufstieg des Erholungsurlaubs und des Massentourismus im industriellen Zeitalter berücksichtigt. In der Erzählprosa des spanischen Schriftstellers Enrique Vila-Matas (geb. 1948) ist die Reise ein Leitmotiv, das es im hier angedeuteten Rahmen zu erläutern gilt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die klassischen Themen des Reiseberichts auf eine neue Weise aufbereitet und dabei nicht selten ironisch gebrochen werden. Der erste Roman von Vila-Matas (El viaje vertical, 1999) führt uns nach Portugal, genauer: schließlich nach Madeira, der zweite nach Kassel (Kassel no invita a la lógica, 2014), wobei die documenta 13 im Mittelpunkt der Ausführungen steht. Dies bietet nicht nur Gelegenheit, Erkenntnisse über zeitgenössische Kunst zu gewinnen, sondern auch über uns selbst als Deutsche – im Spiegel eines spanischen Betrachters.